Zu Privatwaldbetreuung der Zukunft –Kleinprivatwaldkarte mit weißen Flecken?
Künftige Privatwaldbetreuung, Waldinspektionsvertrag
Im April 2019 fanden mehrere Informationsveranstaltungen, sogenannte „Runde Tische“ zum Thema künftige Privatwaldbetreuung (Referenten aus dem Ministerium und Forstdirektion, Fachbereich Forstpolitik, Teilnehmer Forstpersonal aus den Unteren Forstbehörden der Landkreise) statt..
Unter anderem wurde vorgestellt, dass der künftige "Waldinspektionsvertag" nur noch Privatwaldbesitzern mit Flächen ab 2,0 ha angeboten werden soll (bislang für Kostenersatz 5 Euro je ha - künftig auf Stundenbasis mindestens ca. das Fünffache ...). Dies löste sehr kontroverse Diskussionen aus. Etliche Teilnehmer befürworteten die beabsichtigte Änderung oder sprachen sich sogar für eine Fünf-Hektar-Grenze aus. Dies vor allem mit der Argumentation, dass diese Klientel gar kein Interesse am Wald habe (Ausmärker in Stuttgart oder Südamerika ... und der Aufwand sei viel zu hoch, da fahre ich als Revierleiter/in bei den künftigen Reviergrößen doch nur auf der Straße herum ... rentiert sich nie im Leben ... sollen sich doch freie Unternehmer um diesen "interessanten" Markt kümmern ...) und es wurde ernsthaft die Forderung erhoben, diese "Waldbesitzer" am besten zu enteignen, wenn sie ihren Wald nicht freiwillig verkaufen wollen ...
Die Position des BDF Landesvorstandes hierzu wollen wir in der aktuellen Ausgabe des BDF aktuell zur Diskussion stellen. Wir fordern unsere Mitglieder auf, unsere Position kritisch zu prüfen. Auf Eure Meinung und Rückmeldung an die Geschäftsstelle des BDF Baden-Württemberg sind wir gespannt!
Einleitend will der Landesvorstand auf die Stellungnahme des BDF zum Forstreformgesetz verweisen.
Die Diskussion um die Einstiegsgröße für den Waldinspektionsvertrag bestätigt, dass die Beratung und Betreuung im kleinstparzellierten Privatwald auf Dauer vor allem neue Strukturen benötigt. Der BDF hat in seiner Stellungnahme zum Forstreformgesetz schon im letzten Herbst deutlich gemacht, dass die Zukunft des zersplitterten Kleinstprivatwaldes in der Neubildung von Gemeinschaftswäldern als effektivste Form zur Überwindung struktureller Nachteile zu finden ist.
Auch wenn die Förderung von Gemeinschaftswald in Förderrichtlinien bereits geregelt ist, sieht der BDF aktuell keine erhöhten Anstrengungen der unteren Forstbehörden oder der Waldbesitzerverbände zur Bildung von Gemeinschaftswäldern. Grundlegende Entwicklungsziele für den zersplitterten Kleinprivatwald und die hierfür notwendige Förderung müsste in einem eigenen Abschnitt in der neuen Privatwaldverordnung geregelt werden. Dies würde der Bedeutung der Aufgabe gerecht.
Doch so weit sind wir noch nicht und müssen deshalb die Untergrenzen für Inspektionsverträge diskutieren!
Die Position des Landesvorstandes dazu: Wir sind für die Beibehaltung der Null-Hektar-Grenze. Dort wo der „Mini-Privatwaldbesitzer“ noch vor Ort wohnt und auch erreichbar ist, wird in der täglichen Praxis tatsächlich die Betreuung über die „fallweise Betreuung“ erfolgen – gegen entsprechendes Entgelt und selten über einen Waldinspektionsvertrag. Bei den anderen „Mini-Privatwaldbesitzern“ (die in Stuttgart oder Südamerika wohnen, also den sogenannten „urbanen“ Waldbesitzern) ist der Waldinspektionsvertrag genau die richtige Form der Betreuung und dient der notwendigen Kontaktpflege. Es ist zu einfach, sich von dieser Kundschaft zu verabschieden, sondern im Gegenteil sollten wir uns als Forstleute fragen, welche Bedürfnisse diese Kundschaft hat und auch welche Pflichten als Waldbesitzer (!) hat diese Kundschaft und wie können wir als Dienstleister diese Bedürfnisse bedienen?! Das Entgelt für den Waldinspektionsvertrag muss angemessen hoch sein (für eine Stunde ca. 27 Euro wie es im Raum steht ist viel zu wenig) und sollte ca. 100 Euro pro Jahr und Hektar betragen. Denn nur durch einen Waldinspektionsvertrag sind künftige, hoheitliche Androhungen bis hin zur Ersatzvornahme z.B. im Borkenkäferbereich noch zu vermeiden. Die vorgesehene Bewirtschaftungsfiktion ist hier genau das richtige Instrument, das die Betreuungsleistung quasi automatisiert auslöst und in Kalamitätssituationen die aufwendigen „Hinweise“ und Androhungen von Ersatzvornahmen überflüssig macht. Außerdem: Jeder Vertrag ist für die Kämmerei der Landratsämter eine planmäßige Einnahme.
Die allermeisten Kleinst-Parzellen dürften Fichten im Stangen-Baumholzholzalter sein...oder wachsen in den nächsten Jahren in diese Kategorie hinein! Das passt doch 100-prozentig in die Szenarien zum Klimawandel - wo wir Forstleute doch zu Recht auf unsere Kompetenz bestehen! Viele dieser urbanen Waldbesitzer betrachten doch ihr Eigentum als Wertanlage und jährlich 100 Euro als "Fürsorge-Garantie" sind ihnen ganz bestimmt ihr Eigentum wert! Und es ist zu erwarten, dass der Waldinspektionsvertrag in der Folge der Kontaktpflege dient oder im Falle des Widerspruchs zur Bewirtschaftungsfiktion dann fallweise Arbeiten auslöst. Wenn wir uns - als Forstleute - aus diesem "Geschäftsfeld" zurückziehen, dann machen wir den gleichen Fehler wie in den letzten 50 Jahren: bei der Aufgabe der eigenen Pflanzschulen, Abbau der eigenen Waldarbeiterschaft, Rückzug bei den Stützpunkt-Forschungsaufträgen, Privatisierung der Waldbewertungen,... !
Deshalb unsere Position: Wir sollten aktiv den Abschluss von Waldinspektionsverträgen bewerben – bei der wie oben dargelegten Kundschaft! Dies führt auch zu keinem Widerspruch zum Gemeinschaftswaldgedanken. Im Gegenteil: Der Inspektionsvertrag bildet die notwendige Brücke zu künftigen Gemeinschaftswäldern. Den Plan B, die Enteignung, können wir nicht ernst nehmen und lehnen dies kategorisch ab!
Für den Landesvorstand
Georg Jehle und Rolf Leimgruber, Stellvertretende BDF-Landesvorsitzende