+++ Bericht +++

Hauptversammlung BDF Baden-Württemberg in Stuttgart

22. Dezember 2023

Hochkarätiges, hybrides Podium zum Thema: Kampf um die (besten) Köpfe - Generationenwechsel im Forst – welche Konzepte haben Landesforstverwaltung und ForstBW?

Der BDF hat am 10.11.2023 zur Hauptversammlung nach Stuttgart eingeladen. Für alle, die gekommen sind, sollte sich die Anreise lohnen, denn nach der Hauptversammlung und schmackhaftem Mittagessen, präsentierte der BDF Baden-Württemberg hochinteressante Podiumsgäste - jung und erfahren, in Ausbildung und in langjähriger Verantwortung, aus Forstpraxis und Wissenschaft, aus Politik und Verwaltung, aus „The Länd“ und aus dem Ausland. Man kann also durchaus behaupten: Das Podium war maximal divers.

Hauptversammlung

Der Vormittag gehörte den Vereinsformalien. Dietmar Hellmann gibt seinen Bericht als Landesvorsitzender über die Vorstands- und Verbandstätigkeit ab. Ihm ist wichtig, dass eines klar ist: „Der BDF Baden-Württemberg leistet wichtige Arbeit, ohne diese berufsständische Vertretung des Waldes und der Forstleute geht es in Baden-Württemberg nicht.“ Er beschreibt die Höhen der Waldstrategie 2050 des Landes mit großen Zielen und hält ernüchtert fest, dass sie in den Niederungen des Doppelhaushalts kaum mehr zu erkennen ist. Er freut sich über zwei Aktivposten im BDF, das sind der Ausschuss 1 und die Region Tübingen mit ihren gut besuchten Regionalkonferenzen in 2022 und 2023 zu den spannenden Themen Windkraft und Biosphärengebiet Allgäu-Oberschwaben. Der Ausschuss 1 ist die Denkfabrik, der „think tank“ des Landesvorstandes, der Themen und Argumentationslinien vorbereitet, die der Vorstand dann „weitertreiben“ und gegenüber den Entscheidenden in Verwaltung und Politik in Stellung bringen kann. Dietmar Hellmann und Ausschuss-1-Sprecher Jürgen Holzwarth stellen gemeinsam die prominentesten Themen Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Dienstkleidung, KFZ-Entschädigung und Dienstwagen vor. Hier sind Erfolge des BDF konkret sichtbar. PSA und zunehmend auch Dienstwagen werden gestellt, der Schlechtwegezuschlag wird erhöht. Nächstes Mega-Thema wird sein: Raus aus der A11-Falle! Dank des BDF und BBW werden junge Forstleute seit 2022 in A11 eingestellt. Doch für den „Otto-Normal-Förster“ gilt: Einmal A11, immer A11. Das kann so nicht bleiben, es muss klare Entwicklungsmöglichkeiten geben.

Markus Bohnert berichtet von seiner Tätigkeit als Rechtsschutzbeauftragter: Jährlich sind ca. 50 Fälle zu bearbeiten. Derzeit sind ca. 5 Fälle vor Gericht. BDF Mitglieder müssen sich nicht alles gefallen lassen, sondern können sich mit Fachanwälten wehren, wenn es darauf ankommt.

Christoph Vogt stellt seinen 5ten und letzten Kassenbericht vor. Er kann nach 15 Jahren Amtszeit eine geordnete Kasse und Mitgliederverwaltung übergeben. 800 Mitglieder, davon ca. 250 Pensionäre, sind eine solide Basis, auf der man sich aber nicht ausruhen darf. Er appelliert: „Der BDF braucht Neumitglieder, nur dann kann er sich Gehör verschaffen“. Angesichts der Preissteigerungen erhält er die Zustimmung der Versammlung für eine moderate Beitragserhöhung ab Mitte 2025. Dietmar Hellmann und die Versammlung verabschieden ihn mit großem Dank und großem Applaus aus dem Amt. Er war nicht nur routinierter Kassen- und Mitgliederverwalter, sondern auch ein streibares und fachlich versiertes Vorstandsmitglied.

Großer Dank gebührt auch Tobias Knupfer, der aus eigenem Wunsch aus dem Amt des Stellvertreters ausscheidet. Er hat maßgeblich den BDF-Messeauftritt bei der FORST live in Offenburg organisiert. Tillmann Pfeifle gebührt Dank als scheidender Vertreter der Regionalgruppe Stuttgart.

Die dankenswerten Kassenprüfer Hans-Georg Stoll und Daniel Lorek empfehlen zusammen mit dem „Entlaster“ Georg Jehle der Versammlung, den Schatzmeister und den Gesamtvorstand zu entlasten. Die Entlastung erfolgt einstimmig mit einer vornehmen Enthaltung.

Rolf Leimgruber schaltet als Gesamtpersonalrat bei ForstBW einen kurzen Werbeblock. Er appelliert an alle, sich bei den Personalratswahlen 2024 aufstellen zu lassen. Man kann etwas bewegen, egal, ob auf örtlicher Ebene oder im Gesamtpersonalrat.

Die Seniorenvertreter George Jehle in Personalunion als Beisitzer im Nationalpark-Beirat und Wilfried Durejka berichten über ihre Teilnahme am Bundeskongress der Seniorenvertreter des BBW und die Arbeit für den Nationalpark Schwarzwald.

Die Wahlvorstände Rolf Leimgruber, Leo Sprich und Wilhelm Fehrenbach führen gekonnt durch die geheimen Wahlen. Gewählt sind:

Landesvorsitzender: Dietmar Hellmann

Stellvertreter: neu: Jürgen Holzwarth und Matthias Schmitt

Schatzmeister: neu: Konrad Leicht

Per Akklamation werden gewählt:
Kassenprüfer: Hans-Georg Stoll und Daniel Lorek

Regionalgruppe Tübingen: Ottmar Jochum, Regina Kille und Bernadette Jochum
Regionalgruppe Stuttgart: Martin Grüner und neu: Sebastian Kienzle
Regionalgruppe Freiburg: neu: Andre Eickmann und neu: Georg Löffler
Regionalgruppe Karlsruhe: Ralf Kemmet


Roland Mally, Geschäftsführer des BDF -Sozialwerks berichtet über seine Dienstleistungen. BDF-Mitglieder und auch Dritte können ihre Versicherungen checken lassen und bekommen kostenlos Optimierungsvorschläge unterbreitet. Für jede Versicherungsart hat es Spezialisten. Das Sozialwerk unterstützt die Verbandsarbeit auch durch Zuwendungen - dankenswerter Weise unsere Nachmittagsveranstaltung, finanziert aus Beratungstätigkeiten.


Nach getaner Arbeit gab es das wohl verdiente Mittagessen auf Einladung des BDF und anschließend öffnete sich der Vorhang für die ganz große Bühne der Podiumsdiskussionen:

„Kampf um die (besten) Köpfe“

Professor Bastian Kaiser, Rektor der Hochschule Rottenburg, moderiert als Kenner der Forstszene äußerst gekonnt durch den Nachmittag. Minister Hauk richtet online ein Grußwort an das Auditorium. Begrüßen durften wir auch den BDF-Vorsitzenden aus Bayern, Bernd Lauterbach. Bundesweit haben sich Vertreter*innen anderer Landesverbände zugeschaltet. Scheinbar haben wir mit unserem Thema einen Nerv der Zeit getroffen.

Mehr als lediglich einen Impuls gibt Dr. Steffi Burkhart. Sie schaltet sich online dazu und ist auf einer Großleinwand präsent. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, „Zuerst die Arbeit und dann das Vergnügen“ und „Früher hat ein Führungsstil für alle ausgereicht.“ Derartige traditionellen Glaubenssätze der Babyboomer-Generation hätten definitiv ausgedient. Sie empfiehlt am Puls der Generation Z, der Generation Zukunft zu bleiben. Wie das geht und was das für die Gewinnung, Bindung und Führung von jungen Nachwuchskräften bedeutet, führt sie uns auf ihre eigene, vitale und pointierte Art vor Augen. Man müsse die Megatrends erkennen, um zu bestehen. Die Generation Z sind die Jahrgänge 1995 bis 2010, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen, aber eben nicht drängen. Sie verstört die Zuhörer mit den Worten „die Generation Z sei die illoyalste Generation, die wir kennen“. Damit meint sie, dass sich die jungen Leute nicht stark an ihre Arbeitgeber gebunden fühlten. Vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels sei es wichtig, dass sich die Forstbranche als Gesamtes weiterentwickelt, moderner und attraktiver würde. Gegenseitige Konkurrenz der unterschiedlichen Arbeitgeber dürfte uns nur schwächen. Wenn es um eine wirksame Antwort auf den Fachkräftemangel ginge, müsse man die Kräfte bündeln. Begriffe wie Community, Workforce, Digitale Konnektivität, Silver Society, Modernes Wording, On-demand-Erwartungshaltung und noch viel mehr an modernem Sprachgebrauch sind zu hören. Doch es gelingt Dr. Steffi Burkhart immer auch, diese Anglizismen zu erklären und zu überzeugen. Ein weiterer Megatrend sei, Senior Experts wieder zurückzuholen. Und in der Tat, gibt es da Ansätze in den Forstbetrieben, dass pensionierte Kolleginnen und Kollegen wieder zurückkehren mit moderatem Arbeitszeitumfang.

Das war das 1. Podium (Panneldiskussion):

Gesamtjugendausbildungsvertreterin und Forstwirtin Miriam Kempf

Studierender Christopher Baumann

Trainee Michael Brielmaier

Landesforstpräsident Martin Strittmatter

ForstBW-Vorstandsvorsitzender Max Reger

Co-Leiterin des Amtes für Wald und Naturgefahren Bern, Dr. Anja Simma

Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Professor Dr. Alexis von Komorowski

 

Einzelne Aussagen zur Attraktivität der Forstbetriebe:

Christopher Baumann ist es wichtig, dass die Wechselbereitschaft der jungen Leute nicht negativ ausgelegt wird, sondern es ihnen darum geht, Erfahrungen zu sammeln.

Max Reger beschäftigt es sehr, wie man Personal länger binden kann.

Dr. Steffi Burkhardt gibt die Antwort: Wenn Führungspersonen „Bock auf Menschenführung“ haben und im Unternehmen gleichbezahlte Führungs- und Fachkarrieren möglich sind, bindet dies das Personal. Genau das praktiziert Anja Sima in ihrem Amt.

Alexis von Komorowski wünscht sich, dass der Deckel auf A11 im Forst gehoben wird. Das hört der BDF gerne!

Martin Strittmatter wünscht sich mehr Personal, um die immer komplexer werdenden Aufgaben im Wald meistern zu können. Und er will junge Leute als Praktikanten willkommen heißen, damit möglichst viele in den Forst reinschnuppern können.

Anja Simma berichtet von Revieren, die zusammengelegt und von mehreren Forstleuten im Team bearbeitet werden.

Miriam Kempf wünscht sich einen Austausch zwischen Jung und Alt auf Augenhöhe und Michael Brielmaier möchte mehr im Team arbeiten und das Revierdenken überwinden.

Das war das 2. Podium (Panneldiskission):

Forstpolitischen Sprecher*innen der Landtagsfraktionen

Reinhold Pix Grüne

Sarah Schweizer CDU

Klaus Hoher FDP

Jan-Peter Röderer SPD

Landesvorsitzende des Beamtenbundes Kai Rosenberger


Die Durchlässigkeit der Laufbahnen ist für alle Fraktionsvertreter ein wichtiger Schlüssel für die Attraktivitätssteigerung der Waldberufe. Herr Röderer schlägt sogar einen gemeinsamen, fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurf vor, um schnell ans Ziel zu kommen.

Sarah Schweizer sieht die Waldarbeiterschaft mit EG 5 als zu schlecht bezahlt an.

Für Kai Rosenberger ist der öffentliche Dienst dann attraktiv, wenn bei den anstehenden Lohntarifverhandlungen die Inflation ausgeglichen wird, endlich die Entgeltordnung aus dem Jahr 1978 novelliert und das Lebensarbeitszeitkonto eingeführt wird.

Bastian Kaiser empfiehlt den Forstbetrieben, nicht die Ellbogen auszufahren, sondern sich unterzuhaken. Er meint damit, die Forstbranche muss den Fachkräftemangel gemeinsam lösen und nicht versuchen, gegeneinander zu arbeiten und sich gegenseitig Mitarbeiter abzujagen.

Der Landesvorsitzende Dietmar Hellmann beschließt die BDF-Veranstaltung mit einem großen Dank an alle Gäste und Beteiligten, insbesondere an den Moderator Bastian Kaiser und Kerstin Völker, für die Vorbereitung der Hauptversammlung. Er freut sich sehr über das gelungene BDF-Zusammenkommen mit 120 Streaming-Teilnehmern und ca. 80 über den Tag verteilten Gästen. Der Aufwand hat sich gelohnt und es wird spannend, welchen Nachhall die gemachten Aussagen und Statements haben werden.

Der Stream der Veranstaltung, auch mit dem Grußwort des Bundesvorsitzenden Ulrich Dohle, kann hier heruntergeladen werden.

 

Jürgen Holzwarth
Dietmar Hellmann