Im Zeichen der Forstreform ...

Borkenkäfer, Kleinprivatwald und Standortskartierung

07. Mai 2019

Der Buchdrucker als bekanntester Vertreter der Rindenbrüter ist spätestens seit dem extremen Trockenjahr 2018 europaweiter Botschafter des Klimawandels geworden. Riesige Kahlflächen, die wieder in Bestockung gebracht werden müssen sind die Folgen. Allein im Jahr 2018 sind mehr als 100.000 ha betroffen.

Grundlage für die Wahl geeigneter Baumarten zur Wiederbegründung ist die Standortskarte, die aber nur im öffentlichen Wald von Baden-Württemberg auf ca. 90% der Fläche vorhanden ist.
Nicht so im Kleinprivatwald! Rund 600.000 ha Kleinprivatwald gibt es in Baden-Württemberg. Für mehr als der Hälfte dieser Fläche liegt aber keine Standortskarte vor.
Trotz oder sogar gerade wegen der anstehenden Forstreform muss der Kleinprivatwald für den Klimawandel fit gemacht werden! Die Privatwaldbesitzer sind beim Umbau der betroffenen Wälder sachgerecht zu beraten und zu betreuen. Aber Baumartenwahl ohne Standortskarte – das erinnert doch schon stark an eine trübe Glaskugel!

Um diesen Herausforderungen auch nur annähernd erfolgreich begegnen zu können, ist dringend die flächige Standortskartierung des gesamten Kleinprivatwaldes notwendig.

Die Politik ist gefordert, das hierfür notwendige Finanzvolumen bereit zu stellen. Für rund 300.000 ha zu kartierender Fläche rechnet der BDF Baden-Württemberg mit einem Finanzbedarf von rund 30 Millionen Euro.

Aber Achtung! Selbst wenn der politische Wille für eine Finanzierung und Zielerreichung bis zum Jahr 2030 vorhanden ist, fehlt es schlicht am notwendigen Personal. Kein einziger Standortskartierer fällt vom Himmel! Wo sind die hierfür notwendigen Spezialisten? „Eigene“ landesbeamte Standortskartierer gibt es in Baden-Württemberg schon lange nicht mehr; wie andere Spezialisten-Tätigkeiten wurde auch hier „erfolgreich“ ausgesourct. An der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt wird die Aufgabe durch eine handvoll Spezialisten koordiniert. Darüber hinaus ist nur noch im Verein für forstliche Standortskunde dieses Spezialistenwissen vorhanden. Die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel für die Kartierung reichen aktuell für kaum mehr als für 10.000 ha bereitgestellte Kartierkapazität aus, bei einem künftig zusätzlichen Bedarf von jährlich 30.000 ha im Kleinprivatwald.

Die Standortskartierung ist in allen Wäldern und damit in allen Waldbesitzarten die wichtigste Grundlage für einen dem Klimawandel angepassten Waldbau. Heute sind schon umfangreiche Zweit- und Dritt-Kartierungen notwendig und künftig wird der Standort selbst noch verstärkt einem permanenten Wandel unterliegen, so dass künftig „dynamische“ Standortskartierungen erforderlich sein werden. Dem Land – der künftigen Landesforstverwaltung gleichermaßen wie ForstBW in der AöR- legt der BDF dringend ans Herz, sich wieder einen namhaften Stamm an Standorts-Spezialisten zuzulegen.

Der BDF fordert:

Finanzierung der flächendeckenden Standortskartierung im Kleinprivatwald durch das Land.
Ziel: ca. 300.000 ha bis 2030
Die Zielerreichung muss sowohl durch eigenes Personal mit entsprechender Qualifizierung und über entsprechend qualifizierte Dienstleister erfolgen. Die umgehende Erstellung einer Personal-Bedarfsplanung ist notwendig, um die standörtliche Veränderungs-Dynamik als Daueraufgabe zu begreifen und in der Standortskartierung abzubilden. Im Ergebnis werden Bürger und Waldeigentümer in Baden-Württemberg mit einer forstlichen Standortskartierung belohnt, die als Grundlage für waldbauliche Strategien – im besten Sinne „nachhaltig“ – zur Verfügung steht.

Georg Jehle und Rolf Leimgruber, Stellvertretende BDF-Landesvorsitzende